Anfang der Woche habe ich auf meiner Facebook Seite geschrieben, noch in dieser Woche Teil II des Segelberichts 1.087 Seemeilen zu veröffentlichen. Damit ich dem gerecht werde, präsentiere ich euch heute nun den 2. Teil dieser Reise. Wer nicht weiß worum es geht, oder sich Teil I noch einmal zu Gemüte führen möchte, der wird im Artikel 1.087 Seemeilen Teil I fündig. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und freue mich über jeden Kommentar.
(Klicke auf die Karte um zu Google Maps zu gelangen)
10. Tag (17. Mai 2010): Trotz hervorragenden Segelwetters legten wir heute einen erneuten Hafentag ein, um kleine und größere Reparaturen am Schiff vorzunehmen. Am Vortag war in einer Öse des Reffsystems das Großsegel ein wenig eingerissen. Mangelnde Konzentration führte scheinbar dazu, es nicht einwandfrei gerefft zu haben. Dadurch herrschte an einer Stelle des Segels zu hoher Druck und ließ es ein Stück einreißen. Wir montierten das Segel also wieder vom Mast und Großbaum ab und brachten es zum Segelmacher der Marina. Der hatte glücklicherweise Zeit und reparierte es sofort. Weitere Arbeiten wurden am SeeWC vorgenommen. Hier machte die alte Dichtung immer wieder Mätzchen. Da die eingebaute Wasserpumpe für den Wassertank während der ersten Etappe ihren Geist aufgab, musste auch diese durch eine neue ersetzt werden. Mit der Marina von Cherbourg hatten wir einen Hafen mit umfangreichen Serviceeinrichtungen und Shops für den Sportbootbereich angesteuert. Auch ein Volvo-Penta Service besuchte uns an Bord, um den Motor zu reparieren.
Am Abend erlebten wir dann eine echte Überraschung. Auf der anderen Seite des Steges machte ein Monstrum fest, welches zumindest im Hafen von Cherbourg Seinesgleichen suchte. Die Rede ist dabei von einem stattlichen Katamaran, welcher noch vor knapp eineinhalb Wochen bei der Antigua SailingWeek in der Karibik am Start war. Der Mast dieses Schiffes überragte noch einmal den Mast des Schiffes um das Doppelte, welches bis dahin das größte im Hafen war. Die „Gemini III“ glich einer Litfasssäule und segelte unter polnischer Flagge.
Gegen Abend machten wir uns noch einmal auf, um Cherbourg ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Hafenstadt war, aufgrund ihrer Lage, prädestiniert für Kriegs- und Festungsanlagen und wechselte oftmals die Seite zwischen Frankreich und England. Im zweiten Weltkrieg wurde Cherbourg von den Truppen der deutschen Wehrmacht eingenommen, ehe sie später in der Schlacht von Cherbourg im Juni 1944 und unter dem Verlust von vielen Menschenleben von der US Armee zurückerobert wurde.
In einem kleinen französischen Lokal aßen wir schließlich noch ein wunderbares Eis, ehe es zurück zum Boot ging.
Hier noch ein Video zu diesem imposanten Gerät:
11. Tag (18. Mai 2010): Wieder einmal ging es früh aus den Kojen, da wir mithilfe der Gezeitenströmung unsere Reise fortsetzen wollten. Bei nur wenig Wind aber genug Strom kamen wir anfangs gut voran. Da das Wetter stabil blieb, übten wir uns in Geduld und hofften auf besseren Wind. Bei nur 1-2 Windstärken den ganzen Tag über, fuhren wir, je nach Strömung, einmal mehr einmal oder weniger schnell – sofern man bei diesen Windverhältnissen überhaupt von schnell sprechen konnte. Wir mussten immer wieder den Motor anschmeißen, um nicht zu sehr mit unserer Zeit zu aasen.
Am Nachmittag sichteten wir dann ein halb abgesoffenes Ruderboot, welches allerdings leer und vom Zustand her nicht mehr zu gebrauchen war. Ohnehin mussten wir mit unserem „Yoghurtbecher“ immer wieder auf Treibgut achten. Dies reichte vom eben erwähnten Ruderboot, über Fischerkisten, bis hin zu ganzen Holzpaletten. Wahnsinn, was dort alles im englischen Kanal schwamm.
Da wir mittlerweile relativ nah an der Hauptverkehrsrinne des Kanals waren, hörten wir immer mehr Motorengeräusche und sahen auch den einen oder anderen Pott. Gegen Ende des Tages befanden wir uns knapp 40 Seemeilen südlich von Brighton.
12. Tag (19. Mai 2010) Der heutige Tag begann so, wie der letzte Tag aufgehört hatte. Bestes Segelwetter, aber nur mäßiger Wind sorgten für ein sehr zähes vorankommen. Wir machten oft Gebrauch vom Motor. Um 11 Uhr baute sich dann urplötzlich eine dicke Nebelwand auf. Willkommen im typischen Kanalwetter, konnte man da nur sagen. Die Suppe war teilweise so dick, dass wir kaum noch 20 Meter weit gucken konnten. Um uns herum das ständige Getröte der großen Pötte. Auch wir machten Gebrauch von unserem kleinen Plastiknebelhorn – eher alibimäßig. Nichts desto trotz mussten wir stets auf der Hut sein, nicht vor den Bug eines der großen Schiffe zu gelangen. Ohne Radar und bei derartigen Sichtverhältnissen ein bisweilen schwieriges Unterfangen. Wir hielten uns mit Hilfe der Wegpunkt- navigation des GPS vom Zwangsweg der Großschifffahrt frei.
Am späten Nachmittag konnten wir immerhin wieder ca. 2km weit sehen und die Situation entspannte sich ein wenig. Wir kamen mit 4 bis 6 Knoten ganz gut vorwärts und befanden uns nun wieder auf der östlichen Länge von Greenwich. Bis zum späten Abend hin blieb es jedoch noch sehr diesig. Erst ab 22 Uhr klarte die Sicht wieder voll auf.
13. Tag (20. Mai 2010) In der Nacht passierten wir Boulogne-sur-Mer und das Cap Gris Nes. Gegen 2 Uhr erlebte mein Vater die Begegnung mit einer etwa 50 Fuss langen Segelyacht ohne Beleuchtung, welche er nur aufgrund ihres Schattens vor der Uferbeleuchtung von Boulogne-sur-Mer gewahrte. Nach Passieren unseres Heckes in nur 20m Entfernung und vermutlich um einen Schrecken reicher, schaltete der Skipper des anderen Schiffes seine Navigationsbeleuchtung ein. Als ich um 5 Uhr aufstand, um das Steuer von meinem Vater zu übernehmen, befanden wir uns gerade auf Höhe von Calais und Dover. Binnen 40 Minuten sahen wir insgesamt 5 Fährschiffe in mindestens 2sm Entfernung und versuchten nicht im Weg zu stehen. Mein Vater blieb noch zur Rundumbeobachtung an Deck. Für diese Uhrzeit war für uns dieses hohe Verkehrsaufkommen schon erstaunlich. Da kam es vielleicht ganz gut, diese heikle Passage in den frühen Morgenstunden durchquert zu haben. Am Tage dürfte dort bestimmt noch um einiges mehr Betrieb sein.
Die Wetter- und Windverhältnisse waren ähnlich wie an den vorherigen Tagen. Bei 2-3 Knoten Wind aus südwestlicher Richtung kamen wir dementsprechend mäßig voran. Um 13 Uhr überquerten wir die französisch-belgische Grenze.
Am Abend schlief der Wind immer mehr ein und bei spiegelglatter See blieb uns nichts anderes übrig, als immer wieder den Motor zu benutzen.
14. Tag (21. Mai 2010) Da der Trinkwassertank wieder leer war, änderten wir unseren Kurs und steuerten Ijmuiden an der niederländischen Küste an. Wir passierten die Einfahrts-Fahrrinne von Rotterdam und mussten auf viele Fracht-schiffe achten. Ijmuiden ist mit seinen Schleusen der westlichste Zugang nach Amsterdam und damit ins Ijsselmeer von Holland.
Am Nachmittag frischte der Wind wieder auf und erreichte Geschwindigkeiten von 14 bis 16 Knoten. Wie schon im Englischen Kanal baute sich erneut eine dicke Nebelwand auf, die wir heute auch nicht mehr los wurden. Da wir aus der Karte nicht die nur 20m breite Einfahrt in die Marina im Hafen von Ijmuiden erkennen konnten, mussten wir uns aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse an der Steuerbord-Mole entlang hangeln. Zu unserem Glück fuhr aber gerade ein Lotsenboot ein, welches uns den Weg in die Marina wies. Ob das so gewollt war, ist uns am Ende egal, da wir so sicher und unbeschadet unseren dritten Zwischenhafen auf dem Weg von Paimboeuf nach Rostock erreichten.
Die zweite Etappe unserer Reise war aufgrund der stabilen Wetter- und Windverhältnisse weniger strapaziös als das erste Teilstück. Auch meisterten wir die Meerenge zwischen Calais und Dover ganz gut, wie wir fanden. Ijmuiden war uns jedoch nicht so wohl gesonnen. Die Shops waren alle geschlossen. Na ja, es wurde wohl auch in Holland das Pfingstfest gefeiert.
15. Tag (22. Mai 2010) Bevor wir uns am Nachmittag wieder auf den Weg machten, wurde noch ein Brot gebacken, neues Trinkwasser gebunkert und der Dieseltank aufgefüllt, um auf der sicheren Seite für die Elbmündung und den Nord-Ostsee-Kanal zu sein. Als wir den Hafen verließen, blies uns der Wind direkt aus Nord entgegen. Da wir aber genau in die Richtung mussten, hieß es erst einmal wieder Kreuzen bzw. Motorboot fahren. Wenn man, so wie wir, genau gegen den Wind ran muss, sorgt dies für eine recht ungemütliche Fahrt. Bei einer derartig ruppigen Fahrt ist es das Ziel, möglichst sanft durch das Wasser zu gleiten. Dies gelingt aber nicht immer und so trifft man schon mal recht hart auf die nächsten, ankommenden Wellen, was nicht gerade Material schonend ist. Wenn man dies verhindern möchte, muss man versuchen verhältnismäßig hohe Wellen sauber auszusteuern. Ist man gerade auf dem Weg von einem Wellental zu einem Wellenberg, so muss man die Welle in einem Winkel von ungefähr 30 Grad abreiten. Die Fahrt ist dann wesentlich sanfter und das Boot wird es einem auch in gewisser Weise danken.
Am Abend sichteten wir einige Offshore Windparks und Ölplattformen in der Nordsee. In der Nacht hatten wir Den Helder passiert und konnten wieder die jetzt nördlichen Winde für unsere Fahrt gen Osten nutzen.
15. Tag (23. Mai 2010) Als ich am morgen das Steuer übernahm, lag die niederländische Nordseeinsel Texel in Sichtnähe Steuerbord querab. Viel mehr bekamen wir heute nicht zu Gesicht. Es setzte erneut wieder starker Nebel ein, der sich erst in den Abendstunden aufzulösen begann. In der Nacht begegneten uns einige Fischerboote, von denen wir uns jedoch stets in respektablem Abstand frei hielten. Bei Winden zwischen 2 bis 4 Beaufort, in Spitzen auch 5, kamen wir recht ordentlich voran und passierten die niederländisch-deutsche Grenze. Wir waren allerdings zu weit entfernt, um Borkum in Sicht zu bekommen.
16. Tag (24. Mai 2010) Heute Morgen stand einmal mehr Nebel auf der Tagesordnung, was uns nicht unbedingt behagte, da wir heute die Elbmündung hinauf wollten. Glücklicherweise verzog sich der Nebel in den späten Morgenstunden und wir konnten zumindest von einer Fahrwassertonne zur nächsten Tonne blicken. Später hatte sich der Nebel dann komplett aufgelöst, sodass wir unbeschadet und ohne der Berufsschifffahrt in die Quere zu kommen, die Elbe unter Motorkraft stromaufwärts fahren konnten. Wir passierten Cuxhaven und am Nachmittag querten wir die Elbe bei Tonne 57a um zum Vorhafen der Schleuse von Brunsbüttel zu gelangen. Brunsbüttel ist der westliche Zugang zum Nord-Ostsee-Kanal.
Der knapp 100km lange Kanal dient dazu, um schnell und gefahrlos von der Nordsee in die Ostsee zu gelangen. Andernfalls müsste man den mit 900km weitaus längeren Weg um die Nordspitze von Dänemark durch Skagerrak, Kattegat und Großen Belt machen.
Das Schleusen in Brünsbüttel klappte ohne Vorkommnisse, da Schwimmstege einem die meiste Arbeit abnehmen. Das Segeln im Nord-Ostsee-Kanal ist strikt untersagt. Daher mussten wir den Weg unter Motorkraft zurücklegen. Da wir in der Nacht nicht im Kanal fahren durften, machten wir nach knapp zwei Drittel der Strecke um 20.30 Uhr am Büdelsdorfer Yachtclub fest. Zuvor hatten wir die Rendsburger Stahlbrücke passiert. Diese Brücke überspannt nicht nur den Kanal, sondern trägt auch eine Schwebefähre für den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr.
17. Tag (25. Mai 2010) Der heutige Tag war wieder ein Hafentag. Aufgrund von Windvorhersagen von bis zu 8 Beaufort aus östlichen Richtungen auf der westlichen Ostsee, entschieden wir uns für einen Tag Pause. Anfallende Reparaturarbeiten hielten sich diesmal jedoch in Grenzen. Mein Vater machte sich lediglich auf Problemsuche, warum das Echolot nicht funktionierte, gab aber entnervt auf.
Am Nachmittag unternahmen wir noch einen kleinen Ausflug ins nahe gelegene Rendsburg, welches genau an der Grenze zwischen Schleswig und Holstein liegt. Den Tag rundeten wir mit einem leckeren Eis in Büdelsdorf ab und ließen den Abend gemütlich ausklingen.
18. Tag (26. Mai 2010) Rostock ist nicht mehr weit, und so machten wir uns am Morgen nach einem ausgewachsenen Frühstück mit frischen Brötchen vom Bäcker auf das letzte Teilstück der insgesamt 1.087 Seemeilen. Im Vergleich zu den anderen Etappen konnte man schon fast von einer Sprintstrecke sprechen.
Die restlichen Kilometer des Nord-Ostsee-Kanals gingen schnell vorüber, sodass wir gegen Mittag in Kiel-Holtenau, dem östlichen Zugang zum Kanal, eintrafen. Vor der Schleuse mussten wir dieses Mal recht lange warten. Erst nach einer Stunde wurden wir wieder ausgeschleust und konnten unsere Fahrt in die Kieler Förde und Bucht, sowie in die Ostsee fortsetzen. Bei nur mäßigem Wind von 2 bis 3 Beaufort passierten wir noch im Hellen die Fehmarnsundbrücke. Um Mitternacht waren wir ca 8 Seemeilen nördlich von Kühlungsborn und damit nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt.
19. Tag (27. Mai 2010) Am Morgen des 27. Mai 2010 konnten wir bereits die Hansestadt Rostock erblicken. Um 5:30 Uhr näherten wir uns der Mole von Warnemünde. Zugegeben nach sehr langsamer Anfahrt, um meiner Mutter die Möglichkeit zu geben, von Rostock mit dem Auto nach Warnemünde zu gelangen. Dort wartete sie schon sichtlich erleichtert, um wie von uns gewünscht, ein paar Fotos vom Schiff zu machen. Wenige Zeit später erreichten wir unseren Liegeplatz im Yachtclub Warnow in Rostock-Gehlsdorf und waren glücklich, am Ziel unserer Reise zu sein.
Während der ganzen Reise habe ich auch immer mal wieder die Videofunktion des Handys benutzt und habe daraus dieses kleine Stimmungsvideo gezaubert: